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Stefanie Hornung

Zweiter German Equal Pay Award: Nie mehr Gehaltsverhandlung?

Aktualisiert: 16. Okt. 2023

In Berlin erhielten heute drei Unternehmen den German Equal Pay Award des BMFSFJ, eine Initiative des Unternehmensprogramms „Entgeltgleichheit fördern“: alphaquest, Goldeimer und die Vodafone GmbH sind die Gewinner:innen. Sie wurden im Beisein von Bundesfamilienministerin Lisa Paus für ihre Konzepte ausgezeichnet, mit denen sie dem Gender Pay Gap begegnen.


Foto von den Gewinner:innen und Jury-Mitgliedern der zweiten deutschen Equal Pay Award Verleihung.
Am 18. April 2023 erhielten die Gewinner:innen in Berlin den German Equal Pay Award. Foto: BMFSFJ/Janetzko

Laut Statistischem Bundesamt liegt die Lohnlücke in Deutschland weiterhin bei 18 Prozent. Der bereinigte Gender Pay Gap – also Unterschiede im Hinblick auf Beruf, Branche, Beschäftigungsumfang, Qualifikation oder Karrierelevel herausgerechnet – beträgt noch 7 Prozent. Zu viel, findet das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, kurz BMFSFJ, das im Unternehmensprogramm „Entgeltgleichheit fördern“ deshalb in 2022 den German Equal Pay Award initiiert hat. Die Auszeichnung geht an Unternehmen, die eine Lohnlücke in ihrer Organisation nicht hinnehmen möchten und aktiv dagegen vorgehen.


Alphaquest: Pragmatisch und konsequent

Die Digitalisierungsberatung Alphaquest, die sich auf Data Analytics fokussiert und aktuell 34 Beschäftigte zählt, hat ein transparentes Karrieresystem aufgebaut. Das Ziel: Beförderungen und damit verbundene Gehaltsentscheidungen sollen nicht mehr von den Entscheidungen einzelner Personen abhängig sein. Jede der zehn Karrierestufen ist mit fachlichen Anforderungen hinterlegt. Schon bei der Einstellung und dann fortlaufend überprüft die Unternehmensberatung, wie sich die relevanten Fachkenntnisse und Projekterfahrungen entwickeln. Über ein Tool können Beschäftigte im Intranet eine Beförderung beantragen. Das ist ohne weitere Diskussionen und Gespräche möglich, wenn die vereinbarten Kriterien erfüllt sind. Auch anonyme Rückfragen sind möglich, wenn jemand mit der Einstufung nicht zufrieden ist oder diese nicht versteht. Jedes Karrierelevel entspricht einer konkreten Gehaltshöhe, so dass Ungleichheit innerhalb der Gehaltsbänder ausgeschlossen ist.


Goldeimer: Wertorientiert und ganzheitlich

Goldeimer ist eine Non-Profit-Unternehmen aus Hamburg, das sich für eine nachhaltige Sanitärwende und gesicherte Sanitärversorgung für alle einsetzt. „Alle für Klos! Klos für alle!“ – so die Vision des gemeinwohlbilanzierten Unternehmens in Verantwortungseigentum, das derzeit 19 Mitarbeitende hat. Das Unternehmen hat in einem langen gemeinsamen Prozess ein eigenes Gehaltsmodell erarbeitet. Dieses beinhaltet vor allem drei zentrale Elemente: das „Soziale Gehalt“, eine Gehaltsmatrix sowie den Gehaltsrat. Das „Soziale Gehalt“ ist eine Art Mindestgehalt für ein „finanziell sorgenfreies“ Leben am Büro-Standort. Die Gehaltsmatrix besteht aus zwei Achsen: Zum einen sind Hard Facts wie Ausbildung, Berufserfahrungen und weitere Qualifikationen berücksichtigt – wobei möglichst diverse Lebenswege miteinbezogen sind. So gelten auch ehrenamtliches Engagement oder Elternzeit als Qualifikationszeiten. Zum anderen zählt der Verantwortungsgrad, der sich nach Rollen definiert, die die Person im Unternehmen einnimmt. Aus den Werten auf den beiden Achsen ergibt sich ein Score, der in eine Gehaltstabelle übertragen wird. Daraus errechnet Goldeimer entsprechend der definierten Faktoren das Gehalt. Der Gehaltsrat ist für die Weiterentwicklung und Umsetzung des Gehaltsmodells zuständig. Mitglieder sind vier bis fünf freiwillige Mitarbeitende. Der Gehaltsrat ist gewählt und paritätisch sowie möglichst divers besetzt – etwa in Bezug auf Geschlecht, Alter, Betriebszugehörigkeit oder Familienstand. Auch dass es hier nicht nur um Geschlechtergerechtigkeit, sondern um intersektionale Perspektiven geht, macht dieses werteorientierte und ganzheitliche Vergütungsmodell aus.


Vodafone: Diversity-orientiert und sensibilisierend

Die Vodafone GmbH, ein deutsches Tochterunternehmen der britischen Mobilfunkgesellschaft Vodafone, wendet ein Tool an, um den Gender Pay Gap präventiv zu managen. Managerinnen und Manager erhalten über ein automatisiertes Dashboard zum Beispiel Informationen über die aktuelle Peervergütung in der Rolle, im Bereich und in der Firma – immer dann, wenn eine Gehaltsentscheidung ansteht. Eine monatlich ausgespielte Heatmap gibt HR und Führungskräften nach einem Ampelsystem Auskunft über den Status quo des unbereinigten Gender Pay Gaps. Darüber hinaus weist Vodafone auch den bereinigte Gender Pay Gap aus, der aktuell bei 2,6 Prozent liegt. In einem jährlichen Fair Pay Assessment spricht das Management zudem über strukturelle Maßnahmen, wenn die Gehälter in Bezug auf das Geschlecht mehr als 5 Prozent vom Marktwert abweichen. Die Jury schätzte an dem Ansatz vor allem das ausgeprägte Problembewusstsein, das sich darin zeigt. Man setzt bei den Ursachen an und geht präventiv vor.


Fazit: Mangel an Nachvollziehbarkeit

„In großen Unternehmen möchten Führungskräfte bei jeder Einstellung im außertariflichen Bereich gerne mehr für Beschäftigte herausholen. Und wer gut verhandelt oder argumentiert, bekommt mehr“, sagt unser Kollege Sven Franke, einer der acht Jurymitglieder, die die eingereichten Konzepte bewertet haben. „Insgesamt fehlt es bei vielen Arbeitgebern noch an Nachvollziehbarkeit der Vergütungssysteme.“ Es brauche Automatismen, die Verhandlungsgeschick als Kriterium für das Gehalt ausschließen. Denn das ist nicht zulässig, wie das BAG kürzlich klar gemacht hat (siehe Arbeitsrecht Hack Vol. 4 April 2023). Diesbezüglich gehen die Preisträger:innen des German Equal Pay Award 2023 mit gutem Beispiel voran.


 

Über die Autorin

Stefanie Hornung hat mittellange, braune Haare. Sie trägt einen schwarzen Blazer über einem lila Tshirt. Sie steht vor einer weißen Häuserwand mit Fenstern

Stefanie Hornung liegt nachhaltiges Management und Vergütung am Herzen. Ob im Newsletter "Gehaltvolle Zeilen" oder auf dem Blog - sie greift aktuelle Themen der Arbeitswelt auf und komponiert Geschichten mit Tiefgang.

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